Abstract Hat eine Gemüts- oder gar Geisteskrankheit Borromini zum Selbstmord getrieben, oder gibt es andere plausible Motive? Diese Frage ist deshalb wichtig, weil die Kunstwissenschaft immer wieder vermutet hat, seine mentale Verfassung habe sich auf die Formensprache ausgewirkt. In diesem Text sollen nun verschiedene Umstände beleuchtet werden, die bisher in diesem Zusammenhang kaum zur Sprache kamen: Die Übernahme des Baues von S. Agnese durch Bernini, Borrominis Vorhaben, seine Werke im Kupferstich zu publizieren, das Scheitern dieses Vorhabens, der Tod seines Freundes Fioravante Martinelli, der Regierungsantritt Clemens’ IX. und Auseinandersetzung mit seinem Neffen Bernardo um das Erbe.
Vorbemerkung
Dieser Aufsatz ist die noch nicht komplett ausgearbeitete Fassung eines
Vortrages, den ich auf der Tagung „Francesco
Borromini, architect & fenomeen“ im Nederlands Architectuurinstituut
(NAI) in Rotterdam am 24. 2. 2001 gehalten habe. Für Korrekturen, Anregungen
und sonstige Hinweise wäre ich dankbar.
*
Mit dem rätselhaften Phänomen von Borrominis Selbsttötung hat sich die kunstwissenschaftliche Forschung bereits mehrere Male beschäftigt, ohne jedoch die Zusammenhänge wirklich aufzuhellen.[1] Von den wenigen Suiziden von Künstlern in der frühen Neuzeit ist Borrominis Fall einer der am besten dokumentierten,[2] und dennoch ist bis heute unklar, ob es eine Gemüts- oder gar Geisteskrankheit war, die den Architekten in eine derartigen Zustand versetzte, daß er sich das Leben nahm, oder ob ihn anderen Beweggründe getrieben haben. Die Beantwortung dieser Frage ist nicht so unwesentlich, wie es scheinen mag, sind doch immer wieder Vermutungen laut geworden, Borrominis eigenwillige Formensprache sei der unmittelbare Ausdruck seiner verwirrten Geistesverfassung.[3] Hans Sedlmayr versuchte, die „Psychologie Borrominis“ als heuristischen Verfahren zur Deutung seiner Architektur zu nutzen. [4] Rudolf Wittkower hingegen sah seine Selbstzerstörung als Ausdruck seiner stoischen Geisteshaltung (Borromini besaß eine Seneca-Büste) und war überzeugt davon, daß „Borromini imitated Cato’s method of suicide by an act of subconscious rather then conscious identification“.[5] Eine sachliche Untersuchung der Ereignisse und der relevanten Umstände von Borrominis Tod ist jedoch bisher nur ansatzweise geleistet worden. Am ausführlichsten hat sich Heinrich Thelen diesem Thema gewidmet,[6] doch ging es ihm mehr darum, den „sachlichen und klarsichtigen Grundzug“ von Borrominis Verhalten herauszuarbeiten. Was ihn denn zu seiner Tat veranlaßte, bleibt weiterhin unklar.
In seinen letzten Lebensjahren plante Borromini, die eigenen Entwürfe in Kupferstichen zu veröffentlichen. Obwohl er dieses Projekt zu Lebzeiten nicht verwirklichen konnte, ging Borrominis Wirkung auf die nachfolgenden Generationen hauptsächlich von späteren Publikationen aus, die sein Werk in aller Welt bekannt machten: „Borromini è l’architetto più pubblicato del Barocco Romano”, stellte Joseph Connors zu Recht fest.[7] Doch was wissen wir über sein eigenes, ursprüngliches Vorhaben? Und warum wurde es nicht verwirklicht? Hierzu möchte ich im folgenden eine Reihe von Überlegungen anstellen und dabei auch der Frage nachgehen, ob es einen Zusammenhang gibt zwischen dem Scheitern des Publikationsprojektes und seinem Freitod.
Bevor wir uns Borrominis letztem Projekt zuwenden, werfen wir einen kurzen Blick auf die zweite Hälfte seines Lebens. Die Zeit seiner größten Erfolge war der Pontifikat Innozenz’ X. von 1644 bis 1655. Damals arbeitete er nicht nur für einflußreiche Adelsfamilien wie die Pamphili, die Falconieri, die Giustiniani, sondern auch im Auftrag des Papstes. Er schuf Fassade und Kuppel von S. Agnese in Piazza Navona (1653-56), die berühmte Laterne von S. Ivo alla Sapienza (1653-55), begann die Kirchen S. Maria dei Sette Dolori (1641-48) und S. Andrea delle Fratte (1653) und wurde Architekt der Kongregation de propaganda fide (1646). Zum Heiligen Jahr 1650 errichtete er die Monte-Giordano-Fassade des Oratoriums, die sich einer wichtigen Pilgerstraße zuwendet, und vollendete in nur drei Jahren die Restaurierung der ältesten und wichtigsten Kirche des Christentums, S. Giovanni in Laterano. Für diese Leistung wurde er 1652 von Innozenz X. zum cavaliere di Cristo ernannt und erhielt ein Donativ von 3000 scudi.
In seinen letzten Lebensjahren jedoch, unter Papst Alexander VII., begann ihn sein Erfolg zu verlassen. Eine ganze Reihe von Schicksalsschlägen verdunkelte sein Leben, und er verlor fast alle Aufträge. In dieser Situation faßte Borromini anscheinend den Entschluß, anstatt zu bauen seine Werke zu veröffentlichen. In dem ausgezeichneten Kommentar, den er seiner Ausgabe des „Opus Architectonicum“ vorangestellt hat, hat Joseph Connors das gesamte Material zu diesem Thema zusammengestellt;[8] eine Rekonstruktion von Borrominis Bestrebungen – wenn sie denn überhaupt möglich ist – versucht er nicht. Ich denke aber, daß sich mehr sagen läßt, wenn man die erhaltenen Texte und Zeichnungen im Zusammenhang betrachtet.
Die Idee zu einem solchen Projekt wurde anscheinend schon relativ früh geboren, und zwar um 1647. Damals beschloß er gemeinsam mit seinem Mentor, dem Padre Virgilio Spada, eine „piena relazione“ über den Bau des Oratorianer-Konventes abzufassen.[9] Spada, der persönliche Berater des Papstes und eminenza grigia in allen Baufragen, schrieb den Text, nicht ohne Beteiligung Borrominis, der Architekt selbst sollte die Zeichnungen dazu liefern. Dazu kam es aber nicht, abgesehen vielleicht von einem Blatt in Windsor Castle (Abb.).[10] Die sorgsam und detailliert ausgearbeitete Zeichnung weist gegenüber dem ausgeführten Bau zahlreiche Veränderungen auf, z. B. Säulen im Obergeschoß, die symmetrische Verdoppelung der Seitenpforte, gedrehte Säulen am Hauptportal anstelle von glatten; außerdem ist die Fassadenkrümmung im Grundriß zu stark. Auffallend ist zudem die starke Betonung der dekorativen Fassadenbekrönung, wohingegen konkrete Maßangaben fehlen. Als Entwurfs- oder Präsentationszeichnung ergibt die Zeichnung also keinen rechten Sinn; deshalb möchte ich vorschlagen, sie als Vorarbeit zu einem Kupferstich anzusehen.[11]
Nur wenig später, um 1650, begann Fra Juan de San Bonaventura, der Prokurator von San Carlo alle Quattro Fontane, ebenfalls mit der Abfassung einer relazione. Sie betraf den Bau von Kloster und Kirche auf dem Quirinal und hob auch andere Leistungen Borrominis lobend hervor.[12] Der Text, der in einem von Hispanizismen durchsetzten Italienisch geschrieben ist, eignete sich nicht ohne weiteres für den Druck, doch enthielt er zahlreiche Hinweise Borrominis und konnte vielleicht als Grundlage für eine spätere Publikation dienen. Einzelne Zeichnungen, die aber nicht von Borromini stammen, illustrieren das vorhandene Manuskript.[13]
Daneben gibt es Zeichnungen Borrominis, die nicht in direktem Zusammenhang mit dem Bauverlauf stehen. So zeichnete er – vermutlich noch während der Bauzeit – mehrere dekorative Aufrisse der Gartenfassade des Konvents, die vom ausgeführten Werk abweichende Variationen enthalten.[14] Später, um 1665-67, schuf er eine Reihe von Grundrißzeichnungen zur Kirche, die offensichtlich keine Entwürfe sind, sondern den Bau idealisiert, mit deutlich verkleinerten Maßen, veränderten Proportionsverhältnissen und einer nicht der Ausführung entsprechenden Ovalkonstruktion zeigen.[15] Ein typisches Beispiel ist Az. Rom 173 (Abb.): Dort strahlt zudem die Schraffierung sternförmig von der Mitte aus, so daß der Grundriß der Kirche als Gloriole oder Monstranz erscheint – ein Aufwand, der bei einer Entwurfszeichnung keinen Sinn hat, bei einem Kupferstich jedoch den graphischen Effekt steigern sollte.[16]
Daneben existieren weitere detaillierte Beschreibungen von Bauten Borrominis. Sie sind in ihrer Zielsetzung und in ihrem jeweiligen den bereits genannten Texten so ähnlich, daß man den Eindruck gewinnt, alle vorhandenen relazioni seien Teile eines übergreifenden Vorhabens gewesen. Man wird wohl nicht völlig fehlgehen, wenn man annimmt, daß anfangs weniger der Architekt, als vielmehr der uomo letterato Virgilio Spada die treibende Kraft gewesen ist.
Um 1652 schreib Spada einen längeren Bericht über die Restaurierung der Lateranbasilika, bei dem Borromini vermutlich erneut mitwirkte, und der zahlreiche Verweise auf begleitende (aber im Manuskript nicht vorhandene) Illustrationen enthält.[17] Parallel dazu existieren aber auch zum Lateran mehrere Zeichnungen Borrominis, die m. E. aus dem Planungsprozeß ausgeschieden werden können, weil sie Vorbereitungen zu einer Publikation darstellen.
Kritisch betrachtet werden müssen z. B. die drei Aufrißvarianten des Langhauses mit den zugehörigen Grundrissen (Abb.). [18] Meist werden sie als jene drei Präsentationsentwürfe Borrominis angesehen, aus denen – Spadas Text zufolge – der Papst den besten auswählte. In den Bauakten ist dieser Vorgang allerdings nicht dokumentiert; darüberhinaus trägt keines der Blätter einen Approbationsvermerk, und sie befinden sich weder im päpstlichen Archiv noch in dem der Kirche bzw. des Kanonikerstifts, sondern unter den privaten Papieren Virgilio Spadas.
Die delikaten Zeichnungen sitzen mittig auf großen Blättern. Sie sind vollkommen spiegelsymmetrisch angelegt (das wird besonders deutlich durch die Wiederholung der mittelalterlichen Triumphbogensäule an der Eingangswand) und enthalten neben der Skala keine weiteren Maßangaben oder sonstige Notizen. Sie stellen in erster Linie „Variationen“ (im musikalischen Sinne) über das Thema der rhythmisierten kolossalen Pilasterordnung dar. Was den Papst besonders interessiert hätte, zeigen sie nicht – nämlich, mit welchen Methoden die technischen Schwierigkeiten zu lösen wären; die Aufgabe wird auf ein reines Gliederungsproblem reduziert. Ob Innozenz X. in der Lage war, die unterschiedlichen Wirkungen und Konsequenzen der drei Entwürfe abzuschätzen, sei dahingestellt. Dazu gehörten ein ausgeprägter architektonischer Geschmack und analytische Fähigkeiten; beides besaß Virgilio Spada in hohem Maße. Mit gutem Grund war er vom Papst autorisiert worden, alle Entscheidungen „intorno al modo, e forma delli sudetti riparamento, ornamento, e fabrica“ zu treffen, [19] und es besteht kein Grund, daran zu zweifeln, daß er es auch tat. Die Unsicherheit, ja Gleichgültigkeit des Pamphili-Papstes in architektonischen Fragen wird hingegen bei allen seinen Bauvorhaben spürbar, insbesondere beim Erscheinungsbild des Palazzo Pamphili, der bereits Zeitgenossen als „più tosto rapezzato, che edificato per alcune strane fantasie di quel Pontefice“ galt.[20]
Wahrscheinlich legte Virgilio Spada selbst das endgültige Erscheinungsbild der Basilika im Dialog mit Borromini fest, und dazu bedurfte es keiner präzise ausgearbeiteten Präsentationszeichnungen. Die drei Alternativentwürfe stellen vielmehr die Umsicht des päpstlichen Auftraggebers und die Meisterschaft des Architekten heraus. Für Spada waren sie ein Mittel, seine Entscheidung für Borromini und dessen Architektur zu rechtfertigen und zugleich das persönliche Engagement des Papstes für seine Bischofskirche zu betonen. Sie mögen auch als Replik auf den unausgesprochenen Vorwurf der Voreingenommenheit gedacht gewesen sein, denn Innozenz X. erteilte Borromini den Auftrag ohne vorherigen Wettbewerb.[21] Wie wenig der Papst in Wirklichkeit über Borrominis Pläne wußte, illustriert seine von Virgilio Spada überlieferte Frage nach der parte, che non è decorata.[22]
Auch eine weitere „Präsentationszeichnung“ aus dem Besitz Virgilio Spadas ist ein solcher Idealentwurf, der im Entwurfsprozeß keinen rechten Platz hat.[23] Dieser Querschnitt, kombiniert mit einem Aufriß der inneren Eingangswand, weist die gleichen Eigenschaften auf wie die Langhausaufrisse: die spiegelsymmetrische Anlage, das Fehlen von Maßangaben und die Überbetonung ornamentaler Details. Seine Funktion im Planungsverlauf ist unklar, denn das Blatt müßte in jedem Fall nach der Auftragsvergabe entstanden sein, da es mit dem „von Innozenz X. gewählten“ Entwurf (Vat. lat. 11257, fol. 166) nicht übereinstimmt – also zu einem Zeitpunkt, als kein Präsentationsentwurf mehr gebraucht wurde. Außerdem vereinigt das Blatt frühe und späte Merkmale: Es zeigt eine noch vollkommen ebene Stirnwand ohne plastische Faltung, aber bereits das endgültige Gewölbesystem der Seitenschiffe mit den camere di luce. Die Zugehörigkeit zum Codex Spada belegt m. E. auch hier, daß es sich nicht um eine offiziell eingereichte Zeichnung handelt.
Die gleichen Argumente lassen sich, mit noch größerer Berechtigung, bei dem berühmten Querschnitt mit dem monumentalen Tonnengewölbe anführen (Abb.).[24] Was Borromini hier vorschlug, hatte nie eine Chance zur Verwirklichung. Das Blatt wirkt zwar unvollendet, aber es zeigt ebenfalls charakteristische Merkmale einer analytisch aufgebauten Stichvorlage: die sorgfältig angelegte Symmetrie des Blattes, die in der Mitte halbierte Darstellung, die zwei verschiedene Schnittebenen kombiniert, das Fehlen von konkreten Maßangaben und Notizen. Zudem ist sehr fraglich, ob die angedeuteten geschwungenen Strebemauern ausgereicht hätten, um den Gewölbeschub abzufangen. Es erscheint vielmehr, als ob Borromini habe demonstrieren wollen, was im Idealfall möglich gewesen wäre, wenn die Vorgaben des Papstes nicht seine schöpferische Phantasie behindert hätten.
In denselben Jahren um 1650 schrieb Virgilio Spada einen weiteren Bautraktat, und zwar über den Palazzo Pamphili.[25] Zusätzlich findet sich in seinen Papieren eine kurze Kritik an der Palastfassade Girolamo Rainaldis.[26] Wieder dienen beide Texte der Absicht, die Fähigkeiten Borrominis herauszustellen. Eine unmittelbar auf den Text von Spadas Abhandlung bezogene Illustration stellt Borrominis Querschnittzeichnung durch den salone des Palastes dar (Abb.), die offenkundig mit der Realität nicht übereinstimmt, sondern diagrammartig das neuartige, von Spada erläuterte Konstruktionsprinzip des Gewölbes demonstrieren soll.[27] Auch dieses Blatt könnte man ohne weiteres für eine Präsentationszeichnung halten, wäre der Zusammenhang mit Spadas Text nicht allzu evident.[28]
Spadas Schriften über den Palazzo Pamphili lassen sich weitere Zeichnungen Borrominis hinzugesellen, unter denen sich ganz ähnlich angelegte Varianten finden wie die des Lateran-Langhauses, und zwar drei unterschiedlich anspruchsvolle Fassadenentwürfe (Abb.)[29] und sechs Grundrisse.[30] Auch diese Pläne hatten allesamt keine Aussicht auf Realisierung, da Girolamo Rainaldi als Familienarchitekt der Pamphili die Palastfassade baute und Borromini – nach allem, was wir wissen – niemals in Konkurrenz zu seinen Kollegen trat. Die Teilnahme an Wettbewerben lehnte er ab; er sandte z. B. keine Entwürfe für den Louvre nach Frankreich wie seine Kollegen Bernini, Cortona und Rainaldi.[31] Demnach müssen auch die Entwürfe zum Palazzo Pamphili als demonstrative Phantasien angesehen werden, als Variationen über ein vorgegebenes, konkretes Thema, angefertigt vermutlich in der Absicht, sie zu veröffentlichen. Bezeichnenderweise blieben auch diese Pläne in Spadas Besitz und gelangten nicht in die Bauakten im Familienarchiv der Pamphili.
Es scheint also so, als habe Borromini zu mehreren Bauten detailliert ausgeführte, idealisierende und auf graphische Eleganz zielende Planserien geschaffen, die sich zwar auf reale Bauprojekte bezogen, aber keinen Beitrag zur jeweiligen Planungsgeschichte darstellen und keine Aussicht auf Verwirklichung hatten. Die Merkmale der Zeichnungen und ihre Parallelität zu vorhandenen Texten legen vielmehr die Vermutung nahe, es handle sich um Idealentwürfe, die Bestandteile einer Publikation werden sollten.
Tatsächlich ist für Borromini ein solches Vorgehen belegt. Borrominis Neffe Bernardo Castelli schrieb in den Notizen, die er 1685 für das Vitenwerk des Filippo Baldinucci zusammenstellte: „delli molti studij e pensieri fatti per diversi personaggi, et altri disegni di tempii e fabriche secondo li venivano nel pensiero, quali acciò non restassero sepolti, aveva determinato di farne un libro et darli alla luce con stamparli, tanto quelli messi in opera quanto quelli non messi in opera per diversi acidenti, et li altri soi pensieri per far vedere il molto del suo sapere”[32] (Er machte viele Studien und Entwürfe für verschiedene Auftraggeber, und ihm kamen auch andere Ideen zu Kirchen und Gebäuden in den Sinn; damit diese Ideen nicht verborgen blieben, ob ausgeführt oder zufälligerweise nicht, entschloß er sich, diese und auch seine anderen Gedanken herauszugeben und drucken zu lassen, um die Fülle seiner Begabung zu zeigen). Ich nehme an, daß die oben besprochenen und andere, vergleichbare Zeichnungen solche pensieri und altri disegni sind, und nicht Präsentationsentwürfe. Das Weiterarbeiten an bereits ausgeführten oder gescheiterten Projekten paßt außerdem gut zu der von Spada überlieferten Charakterisierung Berninis, daß Borromini „non si contentava mai“.[33]
Zu einer Veröffentlichung kam es in diesen Jahren nicht. Möglicherweise lag es daran, daß die Intentionen der beiden Co-Autoren nicht die gleichen waren. Spada schrieb argumentative Traktate, die die Funktionalität, die günstigen Kosten und die ästhetischen Effekte von Borrominis Architektur gleichermaßen herausstellten, Borromini aber wollte anscheinend keine Abbildungen dazu liefern, sondern den Geist der Betrachter durch kreative Erfindungen anregen. "Non mi sarei posto à questa professione col fine di esser solo copista", mit dieser Begründung, die in der Einleitung des Opus vorkommt, hätte er sich vermutlich geweigert, bloße Illustrationen zu zeichnen. Spada notierte, er habe eigentlich gewünscht, daß Borromini sie eigenhändig beisteuern sollte, „mà non è stato possibile“.[34] Was Borromini sich vorstellte, läßt sich nicht so klar umreißen; sein Vorbild dürften in erster Linie die Entwürfe zu Palästen und Villen, die Palladio im zweiten Buch seiner Quattro Libri herausgegeben hatte, gewesen sein. Auch dort sind viele Ansichten und Grundrisse in idealer Symmetrie und vervollständigt wiedergegeben, und die Kombination zweier halbierter Schnitte findet sich bei Palladio mehrfach.
Erst um 1660, als sein Stern zu sinken begann, begann Borromini sein Verhalten zu ändern. Nun widmete er sich intensiver dem Publikationsvorhaben. Als Stecher engagierte er auf eigene Kosten den Franzosen Dominique Barrière, der bereits für die Pamphili ein großes Werk über die Villa Aldobrandini in Frascati gestochen hatte.[35] Von ihm besitzen wir zunächst einen Stich mit der Fassade des Oratoriums (Abb.), die erneut anstelle der Pilaster Säulen zeigt.[36] Dieses Blatt wirkt für ein Publikum von Laien wesentlich verständlicher als der oben besprochene orthogonale Aufriß Borrominis in Windsor. Durch die Isolation der Fassade, den symmetrischen Aufbau, vor allem aber durch die Schattierung und die leichte Perspektive erzielt Barrière ein plastisches rilievo, so daß das Blatt wie ein Modell oder Schaubild wirkt. Es gelingt ihm, dem Werk Borrominis eine anmutige, feierliche Eleganz zu verleihen. Ob diese Darstellungsweise auf Barrière selbst zurückgeht oder ob Borromini ihn dazu anregte, muß offenbleiben. Barrière wandte sie mit großem Erfolg bei den Stichen der Villa Pamphili an.[37]
Barrière schuf – dem Bericht Bernardos zufolge – darüberhinaus vier Tafeln mit Kupferstichen der Sapienza: “E cosi prese Domenicho Bariera intagliatore de rami, al quale li diede li disegni della Sapienza; e li fece intagliare la pianta giumetrale, et in prospettiva li fecie intagliare l’alzata per di dentro, et per davanti, et per di dietro“. Barrière fertigte also einen Planimetrie („pianta giumetrale“) und drei perspektivische Ansichten, je eine des Inneren, der Vorder- und der Rückfront. [38] Die von Borromini finanzierten Kupferplatten[39] blieben nach seinem Tod im Besitz der Erben; sie wurden 1720 von Sebastiano Giannini herausgegeben und dem Stichwerk „Opera del Cavaliere Borromini“ einverleibt.[40] Die vier Stiche sind m. E. aufgrund von Technik und Stil eindeutig identifizierbar. Die pianta giumetrale ist heute Tafel X der Opera, während die drei Ansichten die Tafeln VIII, VI und V bilden.
Den künstlerischen Höhepunkt stellt ohne Zweifel Tafel VIII, das „Schaubild“ des Inneren von S. Ivo dar, die den Kirchenraum wie ein aufgeschnittenes Modell präsentiert, eine Kombination von Aufriß, Querschnitt und Grundriß, die als eine der wirkungsvollsten Architekturdarstellungen aller Zeiten gelten kann.[41] Neben den vier Stichen hat sich eine Vorzeichnung Barrières zur Außenansicht der Sapienza-Kuppel in Berlin erhalten.[42]
Von besonderem Interesse ist hier der von Giannini als prima idea, e disegno Borrominis bezeichnete, von Barrière gestochene Grundriß von S. Ivo. Durch die ornamentale Füllung des Grundrisses, die den Gewölbestuck andeutet, aber auch durch die radiale Schraffur, erhält das Blatt seinen graphisch ansprechenden, zugleich den symbolischen Gehalt betonenden Charakter. Die ornamentalisierte Biene im Zentrum[43] und die wabenförmigen Kuppelfenster verweisen nicht allein heraldisch auf den Auftraggeber, Papst Urban VIII. Barberini, sondern auch auf die göttliche Weisheit, kraft derer die kleinen Insekten imstande sind, ihren Bauwerken, den Waben, die regelmäßige hexagonale Form zu verleihen.
Im Vergleich mit dem frühen Präsentationsentwurf Borrominis (entstanden vor 1642), der sich noch heute bei den Bauakten im Archiv der Universität befindet,[44] wird deutlich, daß auf Barrières Stich der Grundriß stark verkleinert ist, wohl um eine graphisch ausgewogenere Verteilung von Mauerwerk und Binnenraum zu erzielen. Das der Konstruktion zugrundeliegende Dreieck ist so verkleinert, daß zwei seiner Ecken genau auf den inneren Korridorwänden liegen. Eine vollkommen analoge Verkleinerung des Grundrisses zeigen mehrere Zeichnungen Borrominis in Wien, von denen seit längerem vermutet wird, daß sie Vorarbeiten zu Kupferstichen sind.[45] Dieses Faktum beweist nicht nur, daß der Kupferstich auf Borrominis Vorzeichnung zurückgeht, sondern auch, daß die genannten Zeichnungen keine Projektstadien wiedergeben, sondern ebenfalls im Hinblick auf die Publikation geschaffen wurden. [46]
Das Blatt Az. Rom 1059, eine perspektivische Ansicht des Palazzo Falconieri vom gegenüberliegenden Tiberufer aus (Abb.), galt bisher als eigenhändige Zeichnung Borrominis, muß aber ebenfalls Barrière zugeschrieben werden.[47] Offenbar waren Borrominis Publikationspläne noch umfangreicher als bisher bekannt. Durch die seitenverkehrte Anlage gibt sich die Zeichnung unmißverständlich als Stichvorlage zu erkennen. Links ist sie beschnitten, es fehlt der Südflügel, den Borromini nicht ausgeführt hatte. Vielleicht hat er selber kurz vor seinem Tod diesen Teil entfernt, damit er nicht von einem anderen als eigene Erfindung ausgegeben werden konnte.
Bei einer vervollständigten Rekonstruktion des Blattes wird noch deutlicher, daß das Blatt vonder Hand Barrières stammt. Die die höfischen Figuren im Vordergrund und die feine Eleganz der perspektivischen Anlage sprechen die gleiche Sprache wie die Stiche der Sapienza oder die Ansichten der Villa Pamphili, die Barrière in den gleichen Jahren schuf.[48]
Mit dem perspektivischen Schaubild war ein Modus gefunden, der sich besonders dazu eignete, die realisierten Bauwerke Borrominis in ästhetisch ansprechender, leicht idealisierter Gestalt wiederzugeben. Eine ähnliche Wirkung dürften die Wachsmodelle des Architekten erzielt haben. Doch auch dieser Modus paßte nicht ohne weiteres zu den Texten Virgilio Spadas, die systematisch die einzelnen Bauteile und ihre Problemlösungen abhandelten. Daher engagierte Spada für das Buch über das Oratorium einen Zeichner, der diese Blätter anfertigte; leider fielen sie nicht so zufriedenstellend aus, das Spada das Werk veröffentlichen konnte.[49] Erst in den 1720er Jahren nahm der Verleger Sebastiano Giannini die Mühe und die Kosten auf sich, die Tafeln professionell ergänzen zu lassen.
In der Folgezeit erlitt Borrominis Projekt der Publikation seiner Entwürfe mehrere Schicksalsschläge. Der erste Schlag traf 1662, als Virgilio Spada starb. Mit ihm verlor Borromini nicht nur seinen Mentor, der ihn immer wieder protegiert und bei Streitigkeiten mit den Auftraggebern in Schutz genommen hatte, sondern auch den Autor der Texte für das geplante Buch. Als hervorragender Kenner und Liebhaber der Architektur, der besonders die Qualitäten Borrominis zu würdigen wußte, war er so etwas wie der „gute Geist“ in dessen Leben gewesen und hatte immer wieder schützend die Hand über ihn gehalten.[50]
Glücklicherweise hatte der Architekt inzwischen einen neuen Freund gewonnen: Fioravante Martinelli.[51] Dieser war zwar kein Experte in architektonischen Fragen, aber dafür in ähnlicher Weise auf dem Gebiet der Altertumskunde profiliert. Martinelli war gleich alt wie Borromini und in Rom in einfachen Verhältnissen aufgewachsen. Er wurde Priester und machte Karriere als Sekretär und Erbe des Kardinals Orazio Giustiniani, des Präfekten der Vatikanischen Bibliothek, der wie Spada den Oratorianern angehörte. 1636 wurde er scriptor hebraicus an der Bibliotheca Vaticana, ein Jahr später scriptor latinus; möglicherweise war er ein getaufter Jude.[52] Er trat hervor als Autor des Reiseführers „Roma ricercata“ und mehrerer topographisch-antiquarischer Abhandlungen zur römischen Kirchengeschichte. Über die Oratorianer, deren antiquarische Interessen er teilte, dürfte er Borromini um 1650 kennengelernt haben.
In gewisser Weise paßten Martinellis Texte besser zu Borrominis Zeichnungen. Seine Guiden wendeten sich an ein gebildetes Publikum und behandelten hauptsächlich historische und antiquarische Fragen, weniger die Funktionalität der Bauwerke. Um 1660 begann Martinelli mit der Niederschrift der Guida „Roma Ornata“, die ausführliche Erläuterungen zu den Kunstwerken Roms enthielt. Das Manuskript gab er Borromini zur Korrektur, und der Architekt machte viele handschriftliche Bemerkungen und Zusätze. Das Manuskript, eine erstrangige Quelle zum römischen Barock, blieb leider unpubliziert und wurde erst 1969 veröffentlicht.[53] Daneben schrieb Martinelli auch eine längere Monographie über die Sapienza, die Illustrationen Borrominis enthalten sollte;[54] er fügte sie später dem Manuskript bei. Anscheinend war nun Martinelli Borrominis Autor, mit dem zusammen der Architekt die Veröffentlichung seiner Entwürfe in einer anpruchsvollen und ganz neuartigen Weise verwirklichen wollte.
In den folgenden Jahren verschlechterte sich Borrominis berufliche Situation immer mehr. Um 1665 hatte er fast alle bedeutenden Aufträge verloren, allen voran S. Giovanni in Laterano und S. Agnese in Piazza Navona. S. Ivo alla Sapienza und das Collegio di Propaganda Fide waren beide weitgehend fertiggestellt. Anfang April 1665 starb Borrominis wichtigster Freund und Mäzen, der Marchese Paolo Del Bufalo,[55] der auch seine antiquarischen Interessen teilte.[56] Infolgedessen blieb der unvollendete Chorbau von S. Andrea delle Fratte liegen.[57]
Da Borromini unter Alexander VII. keine Änderung dieser Lage erwarten konnte, wandte er sich in den letzten Jahren seines Lebens verstärkt dem geplanten Stichwerk zu. Offenbar überarbeitete und variierte er nun – wie Bernardo es schildert – viele seiner Entwürfe im Hinblick auf die Publikation bzw. bereitete Zeichnungen als Stichvorlagen vor. Viele der Blätter im Besitz der Albertina stammen nicht aus dem Entwurfsprozeß, sondern sind phantasievolle Variationen bzw. enthalten Überarbeitungen, die nicht zur Ausführung, sondern zur Veröffentlichung bestimmt waren. Dieses Faktum wird der Borromini-Forschung erst seit einigen Jahren bewußter. Zuvor hat es zu zahlreichen Fehldeutungen geführt; der Anteil der nicht projektbezogenen Blätter ist noch nicht endgültig bestimmt.
Im folgenden möchte ich zeigen, wie Borrominis Lebensende mit dem Scheitern seines letzten Projektes, der Publikation seiner Entwürfe, verbunden ist. Um dies zu erhellen, habe ich eine chronologische Tabelle der bekannten Fakten aus Borrominis letzten Lebenstagen angefertigt.
1662 |
+ Virgilio Spada |
1665 |
Arbeiten an S. Ivo und der Propaganda Fide abgeschlossen |
1665 Frühjahr |
+ Marchese Paolo del Bufalo; Ende der Bautätigkeit bei S. Andrea
delle Fratte |
Dezember 1666 |
Beginn der Tätigkeit Berninis bei S. Agnese in Agone, im Auftrag
von Olimpia Aldobrandini und Kardinal Azzolini |
vor 6. Februar 1667 |
+ Camillo Arcucci. Borromini wird nicht wieder als Architekt des
Oratoriums eingestellt |
Frühjahr? |
Reise Borrominis in die Lombardei als Reaktion auf die Ernennung
Berninis |
1667 |
Publikation von Berninis Veränderungen durch Cruyl/De Rossi und
Falda |
26. Juni |
Inthronisation Clemens’ IX. Kardinal
Azzolini wird Staatssekretär. Fortsetzung der Protektion Berninis. |
1. Juli |
Beschluß zur Ausführung des Grabmals Innozenz’ X. durch Bernini |
3. Juli |
possesso Clemens’
IX. |
20./21. Juli ? |
+ Fioravante Martinelli |
22. Juli |
St. Maria Magdalena. Seit
diesem Tag fühlt Borromini sich krank und geht nicht mehr aus dem Haus |
|
Borromini übergibt seinem Notar Olimpio Ricci in Anwesenheit von 7
Zeugen ein verschlossenes Testament |
24. Juli |
Eintrag über die provisorische Beerdigung des Fioravante
Martinelli, der „repentina morte in
Suburbio Pio obiit“ (vermutlich in seiner Villa am Monte Mario) |
23./24. Juli |
Borromini geht nach S. Giovanni (in Laterano) „per pigliare il giubileo” (anläßlich der Thronbestigung Clemens’
IX) |
29. Juli |
Borromini verlangt von seinem Notar das Testament zurück und erhält
es. Dieses Testament ist verloren |
30. Juli ? |
Borromini verbrennt seine Zeichnungen |
1. August |
Besuch des Neffen Bernardo - Nachts beginnt Borromini, ein neues
Testament zu schreiben |
2. August |
Im Morgengrauen (ore 8 e mezza = 4 Uhr) verweigert sein Diener und
Gehilfe Francesco Massari ihm das Licht zum Schreiben. Daraufhin wirft sich
Borromini in seinen spadino -
Borromini diktiert sein letztes Testament zugunsten seines Neffen Bernardo,
unter der Bedingung, daß dieser eine Enkelin von Carlo Maderno heiratet. |
3. August |
Borromini stirbt abends um die 10. Stunde |
Für Borrominis Selbstbewußtsein muß das Jahr 1667, sein letztes Lebensjahr, besonders niederschmetternd begonnen haben. Nach dem Tod Arcuccis wurde er nicht an das Oratorium zurückgerufen. Aber es kam noch schlimmer: Seit kurzem hatten Donna Olimpia Aldobrandini, die Witwe Camillo Pamphilis, und ihr Vertrauter, Kardinal Decio Azzolini, seinem Widersacher Bernini den Bau von S. Agnese in Piazza Navona übertragen.[58] Dies war das erste Mal, daß Bernini ein Werk Borrominis in die Hände fiel, und er ließ die Gelegenheit nicht aus: Ohne zu zögern veränderte er die Fassade, entfernte den Giebel, das große Lünettenfenster, die Reliefdekoration und setzte die schwere Attika auf; auch im Inneren nahm er tiefgreifende Änderungen vor.[59] Über die psychologische Wirkung dieser Sachlage auf Borromini gibt auch Lione Pascoli Auskunft, ohne jedoch den Bau direkt zu nennen: „essendo certa fabbrica, che dovea esser condotta da lui, come quegli, che fatto ne avea il disegno, stata data a condurre al Bernini, tanto se ne accorò, e se ne afflisse, che per divertire la fiera malinconia, ch l’opprimeva, risolvè di fare un viaggio; e se ne andò in Lombardia”.[60] Die Reise in die Heimat, die seinen gekränkten Stolz wiederherstellen sollte, ist allerdings archivalisch bisher nicht faßbar.[61]
Pascoli zufolge kehrte mit der Rückkehr nach Rom auch die malinconia zurück, und so habe sich Borromini wieder seinem Publikationsprojekt zugewandt: „... stava le settimane intere serrato in casa senza mai uscire, facendo però sempre nuovi disegni di grosse fabbriche di cappriccio, e per genio. Così s’andava egli svariando, e pasceva l’elevato suo ingegno di nuove nobili ideE, di pellegrine invenzioni, e di vaghi, e bizzarri pensieri; ed avendone fatta copiosa raccolta, determinò di farli tutti intagliare; perché veder sempre potessero gli emuli, ed i posteri le maravigliose sue operazioni”. Auch wenn der Schriftsteller hier vielleicht aus Gründen der Rhetorik übertreibt, so finden sich dennoch – der überlieferten Verbrennung der Zeichnungen zum Trotz – Anhaltspunkte dafür, daß Borromini immer wieder über bereits vollendete Bauten oder längst verlorene Aufträge weiterphantasierte. Ausgearbeitete Stichvorlagen sind in seinem Zechnungsnachlaß in der Albertina nicht mehr vorhanden; es finden sich jedoch zahlreiche Blätter, die als Vorarbeiten angesehen werden müssen. So gehören z. B. die idealisierten Grundrißdiagramme des Campanile und des Tiburio von S. Andrea delle Fratte vermutlich nicht zum Bauprojekt,[62] und ein Grundriß von S. Agnese und dem Collegio Innocenziano (Abb.) zeigt Überarbeitungen, von denen man ausschließen kann, daß sie im Auftrag Innozenz’ X. oder Camillo Pamphilis entstanden sind.[63]
Im Sommer 1667 wurde die Lage für Borromini noch bitterer, denn nun erhielt Bernini sogar den Auftrag, das Grabmal für Innozenz X. zu schaffen.[64] Borromini hatte diesen Papst als seinen persönlichen Förderer besonders verehrt und bezeichnete sich selber als „architetto della Santa memoria di Papa Innocentio X.o“.[65] In seinem Nachlaßinventar ist ein Portrait des Papstes aufgeführt.[66] Daß Berninis Projekt letztendlich auch scheiterte, hat Borromini nicht mehr miterlebt.
Über die Vorkommnisse der letzten Woche des Juli 1667 und über die näheren Umstände von Borrominis Tod sind wir durch drei Quellen unterrichtet: Erstens durch das Protokoll der amtlichen Vernehmung Borrominis nach seiner Selbstverwundung,[67] zweitens durch den biographischen Bericht seines Neffen Bernardo, und drittens, auf indirekte Weise, durch mehrere Urkunden in den Akten seines Notars.
Am 2. August 1667 gab Borromini dem befragenden Arzt zu Protokoll, er sei seit dem Magdalenentag (dem 22. Juli) krank gewesen und nicht mehr aus dem Hause gegangen, außer Samstag und Sonntag (den 23. und 24. Juli), an welchen Tagen er zur Kirche S. Giovanni (in Laterano) gepilgert sei per pigliare il giubileo, d. h. um den von dem neugewählten Papst Clemens IX. Rospigliosi ausgeschriebenen Jubelablaß zu erwerben.[68] Von dem Nachfolger Alexanders VII. konnte der Architekt nicht viel erhoffen, zumal Kardinal Azzolini nun Staatssekretär wurde.[69] Es dürfte sich schnell herausgestellt haben, daß Berninis dominierende Rolle als Kunstintendant nicht geschmälert wurde; im Gegenteil, schon bald erhielt er den Auftrag zu den Figuren der Engelsbrücke.[70]
Diesen für seine seelische Verfassung sicher nicht unwesentlichen Sachverhalt erwähnte Borromini bei der Befragung nicht. Ebensowenig teilte er mit, daß er an eben jenem 22. Juli, dem Tag seiner Erkrankung, seinem Notar Olimpio Ricci ein verschlossenes Testament übergeben hatte.[71] Diese Tatsache verwundert nicht wenig, denn gewöhnlich verfaßt jemand seinen letzten Willen nicht gleich am ersten Krankheitstag.[72]
Borromini verschwieg auch das entscheidende Ereignis, das ihm - wie ich meine - den letzten Lebenswillen nahm, nämlich den Tod seines Freundes Fioravante Martinelli. Er starb morte repentina, also plötzlich und unerwartet, in suburbio Pio, also außerhalb der Stadtmauern, nördlich des Borgo Pio, vermutlich in oder bei seinem villino am Monte Mario, unweit der Villa Madama.[73] Das Datum ist nicht ganz sicher: Alle Wissenschaftler, denen die zeitliche Nähe dieses Ereignisses zu Borrominis Tod aufgefallen ist, geben den 24. Juli an, übersehen aber dabei, daß unter diesem Datum Martinellis provisorische Bestattung in der Kirche S. Michele Arcangelo eingetragen ist;[74] er kann ohne weiteres ein paar Tage eher gestorben sein.[75]
Mir erscheint die auffallende zeitliche Koinzidenz zwischen Borrominis plötzlicher Erkrankung und Martinellis Ableben viel zu unwahrscheinlich, um vollkommen zufällig zu sein. Ich möchte daher vermuten, daß Borrominis rätselhafte Krankheit, die er selbst in der genannten Befragung als indispositione bezeichnet, und sein Neffe in seinem Bericht als umore malinconico oder umore ipocondrico, unmittelbar durch die Kenntnis von Martinellis Tod ausgelöst wurde. Mit der Annahme, dieser sei bereits am 20. oder 21. Juli erfolgt, erklärt sich Borrominis Verhalten ganz logisch, beinahe zwangsläufig.
Das plötzliche Hinscheiden des Freundes muß Borromini in eine tiefe Depression gestürzt haben. Mit ihm verlor er nicht allein einen engen Vertrauten, sondern auch den einzig verbliebenen Autor für sein geplantes Buch, das letzte Projekt, in dem er seine architektonischen Ideen noch verwirklichen konnte. Es muß ihm klar gewesen sein, daß mit diesem Schicksalsschlag die Publikation endgültig gescheitert war. Zugleich wird aber auch verständlich, warum er am 22. Juli sein Testament machte. Martinellis Tod dürfte ihm schlagartig bewußt gemacht haben, daß auch sein eigenes Sterben unausweichlich und Vorsorge notwendig war. Leider wissen wir nicht, was dieses – anscheinend erste – Testament enthielt.
In den Tagen nach Martinellis Tod muß Borromini sich verzweifelte Gedanken um das Schicksal seines Lebenswerks gemacht haben. Die einzige Person, auf die er noch Hoffnungen setzen konnte, war sein 24jähriger Neffe Bernardo. Nach dem Tod seines Bruders Giovanni Domenico 1659 hatte er seine familiäre Pflicht erfüllt und den damals 16jährigen Knaben bei sich aufgenommen, um ihn auszubilden[76]. Es war wohl nicht allein die individuelle Pflicht dem verstorbenen Bruder gegenüber, die Borromini dazu veranlaßt hatte, sondern auch der seit Generationen gepflegte Zusammenhalt der Bauhandwerkersippen aus dem Tessin. In ganz Europa waren Mitglieder einiger weniger, aus einem geographisch eng umgrenzten Gebiet stammender Familien (z. B. der Castelli, Maderna, Tencalla, Fontana u. a.) im Baugewerbe tätig, und zwar über Jahrhunderte.[77] Die Nachkommen wurden von den Älteren nicht nur ausgebildet, sondern auch empfohlen und vermittelt, und durch Eheschließungen zwischen den Zweigen wurde der Zusammenhalt gefestigt. Auf gleiche Weise war Borromini in seiner Jugend von Carlo Maderno, der mit seiner Familie verschwägert war, an die Petersbauhütte geholt worden,[78] und fühlte sich ohne Zweifel dieser Tradition verpflichtet.
Bernardo hatte sich aber vermutlich damals schon auf dem Gebiet der Architektur als weitgehend unfähig erwiesen. Er war seit einiger Zeit an der im Bau befindlichen Fassade von San Carlino beteiligt;[79] nach Borrominis Tod gelang es ihm, durch sein Eingreifen im oberen Teil „ein Meisterwerk Borrominis bis zur Unkenntlichkeit zu entstellen“, wie Thelen zu Recht schreibt,[80] und dadurch die Kunstgeschichte lange Zeit zu verwirren.[81]
Wenn die durch Bernardo überlieferte Nachricht stimmt, dann hat Borromini in den Tagen vor seinem Tod alle zur Publikation ausgearbeiteten Zeichnungen verbrannt. Da er aber nach seiner Verwundung noch mehr als einen Tag lebte, könnte die Verbrennung auch nachher stattgefunden haben. Jedenfalls muß Borromini sehr überlegt vorgegangen sein, denn in seinem Nachlaß haben sich über 700 Blätter verschiedenster Bestimmung erhalten, ausgearbeitete Stichvorlagen sind aber nicht darunter. Aus dem Vorgang können wir zwei Dinge schließen: Erstens, Borromini hielt sein Publikationsprojekt für endgültig gescheitert; ob er auch sein Leben für abgeschlossen hielt, sein Selbstmord also vorausgeplant war, ist fraglich, aber nicht auszuschließen. Zweitens, er traute seinem Neffen nicht zu, das Vorhaben nach seinem Tod alleine zustande zu bringen.
Bernardo scheinen die Pläne seines Onkels aus finanziellen Gründen beunruhigt zu haben. Argwöhnisch vermerkte er die große Summe, die der Onkel in die Anfertigung der Kupferplatten gesteckt hatte.[82] Daß nun diese Investition durch die Vernichtung der monatelang in mühevoller Arbeit angefertigten Vorzeichnungen in Rauch aufging, muß ihm wie Irrsinn erschienen sein. Vielleicht hat er gar nicht verstanden, daß sein Versagen einer der Beweggründe für die Zerstörungstat Borrominis war; vermutlich sah er vor allem sein künftiges Erbe bedroht.
Und das nicht von ungefähr: Genau eine Woche nach dem Ausbruch seiner Depression, am 29. Juli, verlangte Borromini sein Testament vom Notar wieder zurück und erhielt es auch.[83] Dies bedeutet zunächst, daß er geistig noch in der Lage war, selbständig Entscheidungen zu treffen, und daß zumindest sein Notar nicht an seiner Zurechnungsfähigkeit zweifelte. Die meisten Forscher nehmen an, daß ein Legat an Martinelli enthalten war, welches Borromini nach dessen Ableben tilgen wollte.[84] Ob Borromini seinem gleichaltrigen, nicht bedürftigen Freund wichtige Dinge zu vererben gehabt hätte, sei dahingestellt - vielleicht seine Bücher. Borromini seinerseits wird in Martinellis letztwilliger Verfügung nicht bedacht, ja nicht einmal erwähnt.[85] Fraglich ist auch, ob es überhaupt nötig gewesen wäre, das nicht vollstreckbare Vermächtnis zu streichen. Eine lebensbedrohende Krankheit Borrominis hätte jedenfalls geboten, die Änderung vorzunehmen und das Dokument schnellstmöglich wieder beim Notar zu deponieren. Das geschah jedoch nicht, vielmehr vernichtete Borromini die Urkunde oder behielt sie bei sich.
Aus welchen Gründen er das Testament zurücknahm, und warum er nun zögerte, ein neues abzufassen, wissen wir nicht. Anscheinend suchte er bei seinem Beichtvater Rat: „lo consolò più volte il padre Orazio Callera, suo parochiano e confessore“, schreibt Bernardo. [86] Die Kernfrage war für Borrominis sicherlich, wie es um seinen Nachruhm bestellt war, nachdem das Publikationsprojekt gescheitert war, und wie Bernardo den Nachlaß verwalten würde.
Drei Tage später, am 1. August, besuchte Bernardo, seiner handschriftlichen nottizia zufolge, den Onkel. Aus welchen Gründen er zu jener Zeit nicht mehr bei ihm wohnte, ist nicht bekannt; um Borromini kümmerte sich der mit im Hause wohnende Gehilfe Francesco Massari. Zunächst war Borromini der Besuch willkommen, mostrò di gradire la visita, doch nach einer Weile warf er den Neffen wieder hinaus, licenziò il detto nipote.[87] Nachdem dieser das Haus verlassen hatte, ging Borromini zum Abendessen; er war also nicht bettlägerig, non stava al letto, wie Bernardo zugibt. Es liegt auf der Hand, daß an diesem Nachmittag zwischen beiden etwas vorgefallen sein muß, was Bernardo verschweigt, denn nach dem Abendessen begann Borromini, eigenhändig und, wie gewohnt mit dem toccalapis, ein neues Testament zu schreiben: hiersera mi venne in pensiero di far testamento e scriverlo di mia propria mano e lo cominciai a scriverlo, che me ci trattenni da un’hora incirca doppo che hebbi cenato; e trattenutomi così, scrivendo col toccalapis, sino alle tre hore di notte in circa, wie Borromini bei der Befragung erklärte. [88] Er schrieb bis tief in die Nacht und ging dann zu Bett. Als er frühmorgens um die fünfte Stunde aufstehen und weiterschreiben wollte, verweigerte ihm Massari das notwendige Licht. Nach drei Stunden wachsender Verzweiflung und Ungeduld und stürzte er sich all’hore otto e mezzo in circa, also ungefähr morgens um vier Uhr, in seinen Degen: essendomi anco accresciuta l’impatienza di non avere il lume, disperato ho presa la detta spada.[89]
Auffällig ist, daß in Bernardos Bericht zwei wichtige Fakten fehlen. Zwar sagt er, daß Borromini schreiben wollte, verschweigt aber, daß es sich um sein Testament handelte. Außerdem berichtet er, der Diener habe Borromini mitgeteilt, der Arzt habe ihm absolute Ruhe verordnet, il medico li aveva imposto che lo lasciasse riposare, und habe auch auf Borrominis wiederholtes Drängen beteuert, er handle auf Weisung des Arztes: sempre si scusava che aveva ordine dal medico di lasciarlo riposare. In Wirklichkeit setzte Massari nicht in erster Linie durch, was die Ärzte geraten hatten, sondern handelte auf Anweisung Bernardos, wie Pascoli mit wünschenswerter Deutlichkeit hervorhebt: Chiamò il nipote a consulta i medici, sentì il parere degli amici, lo fece più volte visitare da’ religiosi; e tutti unitamente conchiusero, che non si lasciasse mai solo, che gli si togliesse ogni occasion d’applicare, e che in ogni modo si procurasse di farlo dormire … Questo fù l’ordine preciso, che ebbero dal nipote i servidori, e questo essi eseguirono. Selbst die Weigerung des Dieners wird in einem anderen Wortlaut wiedergegeben: Dicendogli il servidore, che ciò gli era stato proibito da’ medici, e dal nipote. Offensichtlich benutzt Pascoli hier nicht die auf Bernardos nottizia beruhende Vita Baldinuccis, sondern andere Quellen, die vielleicht die Vorgänge eher aus der Sicht Massaris beschrieben.[90]
Francesco Massari war, wie Bonaccorso gezeigt hat, kein einfacher Diener, sondern ein begabter Steinmetz und schon 1664 Governatore der Marmorzunft. Nach dem Tod von Francesco Righi 1664 (?) war er Borrominis engster Mitarbeiter und zeichnete für ihn.[91] Borromini schätzte ihn anscheinend fachlich höher als den eigenen Neffen, und dies dürfte ihm die Feindschaft Bernardos eingetragen haben, nicht zuletzt deshalb, weil Borromini dem Massari die außergewöhnlich hohe Summe von 500 scudi hinterließ. So verwundert es nicht, daß Bernardo in seiner nottizia ein äußerst ungünstiges Bild des Gehilfen zeichnet und ihm sogar unterstellt, er habe Borromini eine Droge verabreicht per farli voltare il cervello.
Als Massari Borromini das Licht zum Schreiben verweigerte, handelte er auf Anweisung Bernardos. Welche Absichten der Neffe genau verfolgte, muß offenbleiben; nach außen hin behauptete er, die Empfehlungen der Ärzte durchzusetzen. Es läßt sich aber denken, daß er befürchtete, die Erbschaft stehe auf dem Spiel. Vermutlich wollte er vor allem verhindern, daß Borromini in seiner collera weiteren Schaden anrichtete; vielleicht wußte er aber auch, daß Borromini sein Testament zurückgefordert hatte und im Begriff war, ein neues zu verfassen. Daran konnte ihm nicht gelegen sein, denn ohne Testament wäre ihm, als dem Alleinerben, die ungeteilte Hinterlassenschaft von etwa 10000 scudi, angelegt in luoghi di monte, zur freien Verfügung anheimgefallen. Daß seine Befürchtungen nicht unbegründet waren, bestätigt auch der Zeitgenosse Passeri: [Borromini] non hebbe amore ad accumular denari per gl’eredi.[92]
Wenn Borromini in jener Nacht die Ränke seines Neffen geahnt hat, dann ist seine Verzweiflung verständlich. Aus zahlreichen Quellen ist bekannt, wie empfindlich er auf treuloses Verhalten reagierte, wenn er Loyalität erwarten durfte; aus diesem Grund hatte er auch mit seinem Freund Bernini gebrochen.[93] Daß der eigene Neffen sich genauso verhielt, hat Borromini sicherlich tief enttäuscht, traf ihn jedoch vermutlich nicht ganz unvorbereitet. Als ihm aber auch der bis dahin getreue Massari den Beistand verweigerte, muß er sich vollkommen entmündigt gefühlt haben. Das ist wohl der Grund für seine verzweifelte Reaktion: Um sich aus der totalen Isolation zu befreien, schien sich ihm kein anderer Ausweg zu bieten, als sich selbst so schwer zu verletzen, daß seine Umgebung zum Handeln gezwungen war und Hilfe von außerhalb holen mußte: „Subito ho cominciato a pensare se come potevo fare a farmi alla mia persona qualche male, stante che il detto Francesco mi havesse negato di accendermi il lume“. Ob er sich wirklich gezielt zu Tode bringen wollte, bleibt fraglich. Indem er sich den Degen in die Flanke stieß, war die Wahrscheinlichkeit hoch, daß kein lebenswichtiges Organ getroffen und er nicht unmittelbar sterben würde. Vermutlich war es der Zustand tiefer Depression, der ihn das Leben achtlos in die Waagschale werfen ließ.
Am hellen Tag war Borromini zwar tödlich verwundet, aber offenbar wieder Herr seiner selbst, und gab in voller geistiger Klarheit, aber bedachtsam und mit Diskretion, dem Arzt Auskunft über die Vorgänge. Alle Hinweise auf die Auseinandersetzung mit dem Neffen ließ er beiseite und gab nur die bloßen Tatsachen preis. Außerdem beichtete er und diktierte sein drittes Testament. Darin wird der Neffe zwar zum Universalerben eingesetzt, aber unter harten Auflagen: Er mußte Architektur studieren, in Rom leben und eine Enkelin Carlo Madernos heiraten. Verschiedenen Personen und Einrichtungen wurden Legate ausgesetzt; das restliche Vermögen blieb in depositi vincolati angelegt und stand dem Neffen nur zum geringen Teil zur Verfügung a fare casa sua.[94] Zum Testamentsvollstrecker wurde der Kardinal Ulderico Carpegna bestellt, dessen Verfügungen Bernardo gewiß nicht zu umgehen wagen würde. Bernardo hielt sich zwar an die Auflagen, aber ein professioneller Architekt wurde er nicht; er und seine drei Söhne konnten zeitlebens von den Zinsen von Borrominis Vermögen leben.
Man kann sich des Eindruck nicht ganz erwehren, Borromini habe sich das Verhalten Innozenz’ X. zum Vorbild genommen. Wie Borromini seinen Neffen für die Architektur, so hatte Innozenz den Nepoten Camillo für das Kardinalat vorgesehen. Beide widersetzten sich den Absichten des Onkels; Camillo Pamphili heiratete und wurde Oberhaupt einer Familiendynastie, mußte aber zu Lebzeiten strenge Auflagen seines Onkels hinnehmen. Erst nach dessen Tod konnte er nach seinem eigenen Gutdünken leben.
Anscheinend mißtraute Borromini seinem Neffen so sehr, daß er ihm seine sorgfältig ausgearbeiteten Stichvorlagen nicht anvertrauen mochte. Wahrscheinlich wollte er vor allen Dingen verhindern, daß dieser ohne eigene Leistung damit ein großes Geschäft machte. Neben den Stichvorlagen hat Borromini offenbar auch akribisch die Pläne vernichtet, die man zur Vollendung seiner unvollendeten Bauwerke hätte benutzen können; so ist z. B. auf einer Zeichnung für S. Andrea delle Fratte (Abb.) genau der noch nicht gebaute Tambouraufsatz abgeschnitten.[95] Damit vernichtete der Architekt alle finanziell verwertbaren Zeichnungen, hinterließ dem Neffen aber mit vollem Bewußtsein sein Skizzenmaterial und die lediglich vorbereitenden Zeichnungen als Studienmaterial. Diese hatte damals noch keinen Marktwert (wie um 1730, als der Baron Stosch die Sammlung kaufte), sondern Bernardo mußte sich alles selbst erarbeiten und aneignen.
Vermutlich ist also der Grund für Borrominis Selbstmord zunächst seine Depression, weil er nach dem Tod von Martinelli sein letztes Projekt, die Publikation seiner Werke, als gescheitert ansah. Hinzu kam das Gefühl, dem Neffen ohnmächtig ausgeliefert zu sein. Daß Borromini der befragenden Amtsperson diese privaten Dinge nicht mitteilte, weder die Auseinandersetzung mit Bernardo noch den Tod seines Freundes, kann kaum verwundern; wohl aber, daß selbst der Neffe in seiner Biographie Martinellis Tod nicht erwähnt, der doch eine so wichtige Rolle gespielt haben muß. Es scheint fast, als ob hier bewußt ein Geheimnis bewahrt werden sollte.
Das Geheimnis wird nicht gelüftet werden können, aber welche Erklärungsmöglichkeiten kommen in Betracht? Vielleicht war Borromini in irgendeiner Weise schuldig am Tod Martinellis, was bei dessen morte repentina ja nicht ganz ausgeschlossen werden kann.[96] Vielleicht erklärt sich der Mantel des Schweigens aber auch dadurch, daß zwischen Borromini und Martinelli eine als unschicklich geltende homoerotische Beziehung bestand. Passeri schreibt, er habe nie geheiratet, um unbeschwert durch den peso di famiglia leben zu können.[97] Daß sich in Borrominis Leben viele männliche Bezugspersonen finden und kaum weibliche, läßt sich ohne Schwierigkeiten durch die im Kirchenstaat herrschende Sozialstruktur erklären. Kann man aus der subtilen Einschränkung in Bernardos letztem Satz „si crede che fusse uomo casto“ eine Andeutung herauslesen?
Wie dem auch sei, eigenartig ist, daß die Möglichkeit einer homosexuellen Veranlagung – die unter Künstlern und Gelehrten zweifellos weitaus häufiger anzutreffen ist als Geisteskrankheiten - Borrominis in der Forschung bisher noch nicht erwogen worden ist. Andererseits glaube ich weder, daß Homosexualität eine Krankheit ist, noch daß damit irgendeine Besonderheit seines künstlerischen Werkes erklärt werden kann.
Zum Abschluß möchte ich dafür plädieren, die Person Borrominis nüchterner und in einem kühleren Licht zu betrachten. Es gibt keinen Hinweis auf Wahnsinn, Geistesgestörtheit oder Schizophrenie. Im Gegenteil, ich finde seine Verhaltensweise nicht unverständlich und zum großen Teil rational bestimmt. Die fundamentale Kritik des Klassizismus geht fehl, die ihm Regellosigkeit und frenesia vorwirft. Borrominis Architektur basiert, wie ich in meinem Buch über das „Architektursystem“ Borrominis gezeigt habe, auf den gleichen Regeln, auf die sich auch die Klassizisten beriefen, und strebte wie sie nach Einheit, Klarheit, Logik und System, die sich nicht zuletzt in der reinweißen Farbe der Innenräume äußert, die Borromini wie dem Klassizismus gemeinsam ist.[98] Nicht von ungefähr gab es zu allen Zeiten Stimmen, die diese rationalen Eigenschaften der Architektur Borrominis erkannten und ihn nicht allein als Erfinder dekorativer, aber lächerlicher stravaganze sahen.
An nur einem Beispiel möchte ich zeigen, daß Borromini sogar auf den Klassizismus einen gewissen Einfluß gehabt hat, und zwar an der Synagoge, dem sog. „Stadttempel“ in Wien, einem Bau, den der relativ unbekannte Architekt Joseph Kornhäusel 1826 errichtete.[99] Der Innenraum, eine klassizistische Ovalrotunde mit ionischen Säulen, zeigt deutlich, das er ein Werk vom Anfang des 19. Jahrhunderts ist; im Grundriß (Abb. links) sind jedoch, wie ich meine, deutlich Anregungen von Borrominis Entwürfen für den Palazzo Carpegna (Abb. rechts) zu spüren. Tatsächlich ist es theoretisch möglich, daß Kornhäusel Zugang zu dem damals in der Wiener Hofbibliothek aufbewahrten „Atlas Stosch“ hatte und die darin enthalten Zeichnungen Borrominis studieren konnte. Man beachte den ovalen Säulenkranz, die hufeisenförmige Treppe, die ausgerundeten Ecken des Hofes und das subtile Ineinandergreifen der einzelnen Räume, das so charakteristisch für Borrominis Gestaltungsweise ist.
Auch diese Zeichnungen Borrominis für den Palazzo Carpegna geben möglicherweise kein Bauprojekt wieder, sondern sind vielleicht nur phantasievolle Ideen, die zeigen, was möglich gewesen wäre,[100] Variationen über ein architektonisches Thema, und damit Teil von Borrominis letztem Projekt, das ihn im letzten Drittel seines Lebens beschäftigte.
[1]
Über Borrominis
Selbstmord: Wittkower 1967; Thelen 1994; Connors, Borromini e l’universo
barocco 2000, testi, p. 17-19; Bonaccorso, Borromini e l’universo barocco 2000,
catalogo, p. 11-14; p. 19-21, cat. I.9-13; Bonaccorso, Atti, p. 171-180. Ich danke Pieter-Matthijs
Gijsbers für die Einladung und Sabine Burbaum für vielerlei Hilfe.
[2]
Zum Phänomen des Künstlerselbstmordes vgl. Wittkower, R., Künster, Außenseiter
der Gesellschaft (engl. Born
under Saturn), cap. 6, p. 149-165.
[3] Zum ersten Mal findet sich diese Verbindung bei Milizia 1787, p. 188: “Queste ultime cinque fabbriche sono frenesie. L’architetto Borromini matto frenetico si ammazzò. La frenesia architettonica è contagiosa”. Über das Weiterleben dieser Auffassung Oechslin 2000, 107-117.
[4] Die Architektur Borrominis, 2. Aufl. München 1939, Reprint Hildesheim 1986, 117-136).
[5] Wittkower 1967, Appendix IV. Eine Zeichnung Poussins vom Selbstmord Catos soll ihm die Methode vor Augen geführt haben.
[6] Thelen 1994.
[7] Connors, Opus, 1998, p. XI.
[8] Connors, Opus 1998.
[9] Incisa della Rocchetta 1967; Connors,
Opus 1998, p. XII-XL; Borromini e l’universo barocco 2000, catalogo, p. 372-379
(Connors).
[10] Windsor Castle, Royal Library,
5594. Connors 1980, p.
220-223, cat. 41; Kieven 1993, p. 62-63, Kat. 10; Borromini e l’universo
barocco 2000, catalogo, p. 151-152, cat. VIII.16.
[11] Auffällig sind die Parallelen zu dem später entstandenen Stich Barrières (z. B. die Säulen im Obergeschoß) und zu der Tafel ... im „Opus Architectonicum“ von 1725.
[12] Connors, Opus, 1998, p. XL-XLII;
Borromini e l’universo barocco 2000, catalogo, p. 113, cat. VI.5.
[13] Connors, Opus, 1998, fig. 4-5.
[14] Az. Rom 198, 199, 200; Borromini e
l’universo barocco 2000, catalogo, p. 116, cat. VI.12-14.
[15] Az. Rom 168, 169, 170, 172, 173. Zum Teil sind diese Zeichnungen Überarbeitungen älterer Blätter, von denen aber ebensowenig sicher ist, daß sie zur Verwirklichung bestimmte Entwürfe sind, z. B.Az. Rom 172v. (Borromini e l’universo barocco 2000, catalogo, p. 118-119, cat. VI.16)
[16]
Vgl. die strahlenförmig von der Mitte ausgehende Schraffur im Grundriß von S.
Ivo: Opera 1720, tav. VIII.
[17] ASR, Archivio Spada, vol. 192, ff. 7-30. Heimbürger Ravalli 1977, 218-224; Güthlein
1979, 206-214, doc. 29; Roca de Amicis 1995, p. 81-84 ; Connors, Opus 1998,
p. XLII-XLVI.
[18] BAV, Vat. Lat. 11258, f. 146-149, f. 166, f. 258. Roca de Amicis 1995, p. 42-48, fig. 14-18; Borromini e l’universo barocco 2000, catalogo, p. 219-221, cat. XII.12-15.
[19]
Vgl. Spadas Ernennungsschreiben zum soprintendente
vom 15. 4. 1646: Güthlein 1979, p.
245-246.
[20] Passeri/Heß 1934, p. 217 f.
[21] “E
certo che Papa Innocenzo di [gloriosa memoria?] n’hebbe tal concetto [del Borromini; M. R.] che li pose in mani la gran fabrica di S. Giovanni senza voler udire
il parere d’alcun architetto”. ASR, Archivio Spada, vol. 454, c. 468 v.;
Connors 1987, Appendix 1, p. 86-88; Burbaum 1999, p. 283, Dok. 2.
[22] Heimbürger Ravalli, p. 228: „...havendomi N. S.re più volte detto, che lo
[Borromini] tenessi imbrigliato, che
non ornasse troppo, per non uscire dal decoro della grandezza d’una tale
basilica, et havendo io professato Sua S.tà più volte d’haver tenuta corta la
briglia; onde Sua B.a vidde tanto ornato l’ultima volta che fù a vedere quella
fabrica, voltosi verso me, disse: ‘buono, e quale è quella parte, che non è
ornata?’” (ASR, Archivio Spada, vol. 192, f. 128); vgl Güthlein …
[23] BAV, Vat. lat. 11257, fol. 256. Roca de Amicis 1995, p. 50-51, fig. 22.
[24] Roma, Ministero per i Beni e le Attività
Culturali, Istituto Nazionale per la Grafica, F. N. 13986. Echols 1992; Roca de
Amicis 1995, pp. 51-53, fig. 24; Borromini e l’universo barocco 2000, catalogo,
p. 223, cat. XII.18.
[25] ASR, Archivio Spada, vol. 186, ff.
1075-81; Güthlein 1979, pp. 218-220; Connors, Opus 1998, p. XLVI-XLVIII.
[26] BAV, Vat. Lat. 11258, fol. 161 f.; Fasolo
1961, p. 310; Raspe 1994, 26-27.
[27] BAV, Vat. Lat. 11258, fol. 192; Borromini e l’universo barocco 2000, catalogo, p. 180, cat. X.12.
[28] Diese Auffassung bereits bei Connors, Opus 1998, p. XLVIII.
[29] Vat. Lat. 11258, fol. 176, 177,
180. Raspe 1994, p. 27;
Borromini e l’universo barocco 2000, catalogo, p. 182-183, cat. X.15-17.
[30] Vat. Lat. 11258, fol. 167-172. Frey 1924, p. 43 ff.; Fasolo 1961, p. 303
ff..; Piazza Navona 1970, p. 147-155.
[31] „non
volse mai disegniare a concorenza – et essendo pregato dal Cardinale Spada che
volese disegniare a concorenza per l’overa del re di francia, li rispose che li
disegni erano li soi figlioli e che non voleva che andassero a mendicando a
concorenza con li altri …”. Connors, Oratorio, p. 205, doc. 26.
[32] Connors, Oratorio, p. 204, doc. 26.
[33] Connors 1989, p. 87, doc. 3.
[34] Connors, Opus 1998, p. XXIII.
[35] Über Barrière AKL ... ; Connors, Opus 1998, p. L-LXII ; Benes etc. (Algardi-Katalog u. a.)
[36] In Bernardos Manuskript (Connors, Oratorio, p. 202-205, doc. 26) heißt es „et anche li fecie intagliare la faciata del oratorio di s. filippo - con lorologio“. Der Glockenturm ist jedoch auf dem Stich nicht zu sehen. Ob hier ein Irrtum Bernardos vorliegt oder es einen weiteren, heute verlorenen Stich gab, muß offenbleiben. Vgl. Connors, Opus 1998, p. LV.
[37] S. o. Anm. ...
[38] Connors, Opus 1998, p. LV gliederte - m. E. zu Unrecht – die zitierte Passage in andere Sinnabschnitte und erschloß daraus fünf (anstatt vier) Kupfertafeln. Eine pianta in prospettiva, die demnach noch hinzukäme, wäre jedoch sachlich eine contradictio in adiecto.
[39]
Auf der Zeichnung Az. Rom 914 v.
findet sich eine Aufrechnung von “Denari
pagati al S.r Domenico Bariera per li intagli della Sapienza" mit der
Summe 53.40 scudi. Bernardo bezifferte Borrominis gesamte Aufwendungen
für die rami auf den recht hohen
Betrag von etwa 400 scudi. Connors,
Oratorio, p. 204, doc. 26.
[40] Über Giannini und sein Werk: Connors, Opus 1998, p. LXXIII-LXXXVIII.
[41] Vgl. Raspe 2000. Im ersten Zustand (Connors, Opus 1998, fig. 26), ohne die Verstärkung der Schraffierung durch Giannini, wirkt der Stich noch luzider und verständlicher.
[42] Berlin, SMPK, Kunstbibliothek, Hdz. 1035; Connors, Opus 1998, fig. 23; Borromini e l’universo barocco 2000, catalogo, p. 268, cat. XV.26.
[43] Zur architektonischen Deutung der „geometrisierten“ Biene vgl. Raspe 1994, p. 101.
[44] ASR, Università, vol. 198, c. 122. Connors, Three Minutes; Smyth-Pinney
2000.
[45] Az. Rom 499, 500, 509. Connors,
Opus 1998, p. LVII, n. 1.
[46] Opera, Taf. X ist im gleichen Maßstab angelegt wie Az. Rom 509: Smyth-Pinney 2000, p. 333-334, nr. 5, 11. Für die frühe Entstehung des Stiches spricht auch der äußerst dilettantische und ungenaue Grundriß den De Rossi 1684 veröffentlichte (Connors, Opus 1998, fig. 37). Aufgrund der sechseckigen, von Palmwedeln umrahmten Fenster, die sonst nirgends belegt sind, muß man ihn als Kopie nach Barrières Stich ansehen, die vermutlich allein aus der visuellen Erinnerung angefertigt wurde. Möglicherweise durfte die im Besitz Bernardos befindliche Druckplatte besichtigt, aber nicht kopiert werden.
[47] Borromini e l’universo barocco 2000,
catalogo, p. 206, cat. XI.13.
[48] Villa Pamphilia, eiusque Palatium, cum suis prospectibus, statuae,
pontes, vivaria, theatra, arcolae, plantarum viarumque ordines, cum eiusdem
Villae absoluta delineatione, Roma s. d. (1670). Barrière
wurde zwischen 1653 und 1659 für die Gravierung der Druckplatten bezahlt. Hoffmann, P.: Villa Doria Pamphili. Roma
1976, p. 101; p. 118, n. 2.
[49] Connors, Opus 1998, p. XXXVI-XXXVIII.
[50] Über Spada: Ehrle; Heimbürger-Ravalli; Güthlein; Connors 1988; Güthlein, Atti. Es fehlt eine wissenschaftliche Biographie dieses bedeutenden Mannes, dessen Person hinter seinem Wirken nahezu verschwindet.
[51] Über Martinelli: Schudt, L.: Le guide di Roma. Materialien zu einer Geschichte der römischen Topographie. Wien/Augsburg 1930, p. 62-67, 251 f.; Roma Ornata, p. VIII-XXIII; Bignami Odier 1973, p. 112; p. 131, n. 117; p. 296; Heideman, J.: The Roman Footprints of the Archangel Michael. The lost shrine of S. Maria in Aracoeli and the Petition of Fioravante Martinelli. Mededelingen van het Nederlands Instituut te Rome, 47,N. S. 12, 1987, p. 147-156; Connors, Opus 1998, p. XLVIII-L.
[52] Der zur gleichen Zeit wie Martinelli (von 1627 an halb, von 1633 bis 1646 voll bezahlt) an der Bibliotheca Vaticana beschäftigte scriptor hebraicus Federico Carlo Borromeo war getaufter Jude: Bignami Odier, 111; 131 n. 4; 295.
[53] D’Onofrio 1969.
[54] Connors, Opus 1998, p. LVIII.
[55] Am 11. 4. 1665 schreibt Ottavio
Falconieri an Leopoldo De' Medici: “Io
avevo ancora destinato di darne aviso e mandare a V. A. quello che s'era fatto
per l'Ordd.rio di Lione, ma per l'aviso della morte del marchese Del Bufalo,
che arrivò appunto martedi mattina, fui
talmente
uccupato tutto il giorno”. Lettere di Ottavio Falconieri a Leopoldo de' Medici, a cura di L. Giovannini, vol. I, Firenze 1984, p. 129. Für diese Mitteilung danke ich Vitale Zanchettin.
[56] Im Opus Architectonicum, cap. 6, fol. 10 wird die gemeinsame Besichtigung von Ausgrabungen des Marchese erwähnt: Connors, Opus 1998, p. XXVIII, n. 5.
[57] Zanchettin 1997; Borromini e l’universo
barocco 2000, catalogo, p. 285-295.
[58] Preimesberger, Bernini a S. Agnese. Colloqui del Sodalizio 2/3, 1970-72, p. 44-55; Preimesberger, R.: Das dritte Papstgrabmal Berninis, Römisches Jahrbuch für Kunstgeschichte, 17, 1978, p. 178 (?)
[59] Montalto, Doc. XVIII; Eimer II, p. 556-566; Preimesberger …; Garms 1972, p. 161, nr. 719.
[60] Pascoli 1730, I, p. 303.
[61] Vgl. Pascoli, Lione: Vite de’ pittori,
scultori ed architetti moderni. Edizione critica, Perugia 1992, 411, n. 33 (M.
Carta).
[62] Az. Rom 108, 112. Borromini e l’universo
barocco 2000, catalogo, p. 290, cat. XVII.4; p. 294, cat XVII.13.
[63] Az. Rom 55. Raspe 1996, p. 353-355; Borromini e l’universo barocco 2000, catalogo, p. 190, cat. X.26.
[64] Preimesberger 1978, p. 178 ...
[65]
So unterschrieb er die misura e stima
für S. Agnese vom 13.1. 1656.
Montalto,p. 188, doc. XIX.
[66] Portoghesi, Cultura, p. 441-452; Ragguagli, p. 163-176, nr. 25 (jeweils auf der ersten Seite)
[67]
Borromini wurde durch den Arzt Sebastiano Molinari befragt. ASR, Fondo Tribunale Criminale del Governatore di
Roma, Processi, an. 1667, parte prima, vol. 601, fol. 30-35; Ragguagli, p. 30,
nr. 20; Thelen 1994, p. 282-284, n. 26.
[68]
Die Krönung des Papstes erfolgte am 26. Juni, der possesso am 3. Juli
1667. Über die Tradition des Jubelablasses berichtet Gigli anläßlich der
Stuhlbesteigung Alexanders VII im Mai 1655: “Fu pubblicata una Bolla, o Breve di un Giubileo Universale per
domandare il Divino aiuto per il felice Governo della S. Chiesa Cattolica
Romana, si come sono soliti di fare li altri Papi nel principio del loro
Ponteficato, il qual Giubileo come quello, che si concede nell’Anno Santo, fu
concesso a tutti quelli, che nella prima, o seconda Settimana visitassero le
Basiliche di S. Giovanni Laterano, di S. Pietro, et di S. Maria Maggiore, overo
una di esse, et digiunassero il mercordì, Venerdì, et Sabato, et in detto tempo
dessero elemosina a loro arbitrio, et si communicassero nella Domenica
seguente, o altro giorno di quella Settimana, con facultà di potersi eleggere
un Confessore, e farsi assolvere dalli casi anco reservati, scommuniche, et
commutare i Voti eccettuati quelli di Religione, et castità, il qual Giubileo
fu concesso anco a quelli, che erano fuori di Roma. Questo Breve fu pubblicato
nella festa di Pentecoste”. Gigli II, 743-744. Borromini ging also nicht
nach S. Giovanni dei Fiorentini, wie Thelen 1994, p. 285, und Bonaccorso,
Personalità e destino, in: Borromini e l’universo barocco 2000, catalogo, p. 12
meinten.
[69] Moroni III, p. 315; Pastor XIV/1, p. 533.
[70] Pastor XIV/1, p. 540-543; Preimesberger, ...
[71] Ragguagli, p. 29, nr. 19; Thelen 1994, p. 284 schrieb (vermutlich irrtümlich), Borromini habe an diesem Tag ein hinterlegtes Testament zurückgefordert; dieser Vorgang erfolgte jedoch m. W. erst am 29. 7. 1667.
[72] Vgl. jedoch Thelen 1994, p. 284 f., der genau dieses annimmt.
[73] Zu diesem von Borromini umgestalteten, heute anscheinend verlorenen Gebäude D'Onofrio 1969, ...; Connors, Opus 1998, p. ... Thelen 1994, p. 285, setzt das suburbium pium mit dem (innerhalb der Stadtmauern gelegenen) Borgo Pio gleich und verlegt den Todesfall in die Nähe von Borrominis Haus.
[74] Archivio Basilica di S. Pietro in
Vaticano, Liber mortuorum, vol. 7, p. 60; D’Onofrio 1969, p. XIII, n. 17; ASR,
Fondo Notarile, Not. Thomas
Paluti[n]us, vol. 58, fol. 44 r. ; Thelen 1994, p. 285, n. 28.
Bestattungsort war vermutlich die unmittelbar an der Porta Castello gelegene,
1939 abgebrochene Kirche S. Michele Arcangelo in Borgo (bzw. in Corridoio); Nolli 1314; Gigli, Laura:
Rione XIV Borgo, Parte Prima (Guide Rionali di Roma 41/1). Roma 1990, p. 68-71.
[75] Üblicherweise vergingen einige Tage zwischen dem eigentlichen Tod und der Feier der Exequien; oftmals wurden mehrere Messen für den Toten gelesen. Vgl. die Daten bei Sterbefällen, die Gigli angibt; Ariès ...
[76] 1662 ist Bernardo zum ersten Mal in San Carlo alle Quattro Fontane dokumentiert: Thelen 1994, p. 277.
[77] Krcalova, J.: O rodine Franceska
Borrominiho. Umení, 33 (1985), pp. 414-425; allgemein: Donati, U.: Artisti
ticinesi a Roma. Bellinzona 1942; Crivelli, A.: Artisti ticinesi dal Baltico al
Mar Nero. Catalogo Critico. Locarno 1969; Karpowicz, M.: Artisti ticinesi in
Polonia nel ‘600. Repubblica e Cantone del Ticino 1983; Karpowicz, M.: Artisti
ticinesi in Polonia nel ‘500. Repubblica e Cantone del Ticino 1987; Manfredi,
T.: La presenza .. Il giovane Borromini, ….
[78] Gatti Perer, M. L.: Nuovi argomenti per
Francesco Borromini. Arte Lombarda, 121 (1997), pp. 5-42.
[79] Bonavia, M. - Francucci, R. -
Mezzina, R., San Carlino alle Quattro Fontane: Le fasi della costruzione, le
techniche caratteristiche, i prezzi del cantiere, in: Ricerche di storia
dell'arte, 20 (1983), pp. 11-38; Bonavia, M., La chiesa ed il convento di S.
Carlino alle Quattro Fontane, in: BollStorArchit, 30 (1983), pp. 87-93.
[80] Thelen 1994, 286.
[81] Steinberg, L.: Borromini's San Carlo Alle Quattro Fontane. A Study in Multiple Form and Architectural Symbolism (= Outstanding dissertations in the fine arts). New York 1977, p. ... Rezension: Connors, J., JSAH, 38 (1979), pp. 283-285; mehrere Zeichnungen Bernardos wurden lange Zeit für frühe Entwürfe Borrominis zu San Carlo alle Quattro Fontane gehalten: Katalog ...
[82] In seinem Bericht erwähnt Bernardo nicht nur den Betrag von 400 scudi, sondern auch, daß er die Quittungen dafür noch aufbewahre.
[83] Ragguagli, p. 29, nr. 19.
[84] Connors; Bonaccorso.
[85] Martinellis letztes Testament datiert von 1651 und ist transkribiert bei D’Onofrio 1969, p. XXI-XXIII.
[86] Connors, Oratorio, p. 204, doc. 26.
[87] Ibd.
[88] Ragguagli, p. 30, nr. 20.
[89] Ibd.
[90]
Massari stirbt 1705 und käme daher als Gewährsmann für Pascoli durchaus in
Betracht. Für diese Auskunft danke ich Giuseppe Bonaccorso. Vgl. Bonaccorso, G.: Francesco Massari, in:
Repertorio dei disegni del Borromini, in corso di stampa.
[91] Massari war Bauleiter bei den Arbeiten Borrominis in San Giovanni die Fiorentini; ihm können die Zeichnungen Az. Rom 62, 362, 364 zugeschrieben werden.
[92] Passeri/Heß, p. 366.
[93] Connors, Spada, ...
[94] Genaues Zitat (?)
[95] Az. Rom 106; Katalog, ... Ähnliche Beschneidungen kommen auch bei anderen Zeichnungnen vor, z. B. Az. Rom 1065 (s. o., Anm. ...) und Az. Rom 1125a (ein Aufriß der Fassade der Galleria Pamphili, bei dem das nicht ausgeführte Obergeschoß abgeschnitten ist; Borromini e l’universo barocco 2000, catalogo, p. 1871, cat. X.13).
[96] Einem plötzlichem Tod haftete immer etwas leicht ehrenrühriges an, vermutlich, weil dem Betroffenen keine Frist zum Empfang der Sterbesakramente blieb. Vgl. Ariès, ...
[97] Passeri/Heß, p. 366.
[98] Raspe 1994.
[99] Fehl 19..
[100] Argumentation vgl. Connors, Alliance.