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Fach Kunstgeschichte im FB III der Universität Trier


Signet der UTR

Gottfried Kerscher Verknüpfung:
Veranstaltungsangebote im Wintersemester 2006/07



Einführung in die Architekturgeschichte des Mittelalters
Propädeutikum, 2 Std., Mo 12-14, B 17 (Beginn 23.10.2006)

„Das Mittelalter, das nach dem Zusammenbruche des Römerreiches mit seiner christlichen Weltanschung die heidnisch-antike Kultur verdrängte, ließ auch die kunsttheoretischen Bestrebungen des Altertums in Vergessenheit geraten, konnte es jedoch auf dem Gebiete seiner eigenen Kunst, dem romanischen und gotischen Stile, zu einer umfassenden Theorie im eigentlichen Sinne nicht bringen. An die Stelle der schriftlichen Überlieferung setzt es die mündliche Tradition, deren Haupttäger die Bauhütten wurden.“ (Max Theuer)

In der mittelalterlichen Architekturgeschichte interessieren Fragen, die in der späteren keine zentrale Rolle mehr spielen – und umgekehrt. Aus diesem Grund werden wir im Seminar von Fragestellungen ausgehen, die einzelne Bezugspunkte, teilweise mit normierender Wirkung, darstellen und in die Neuzeit gehören, um anschließend die mittelalterliche Sichtweise (hoffentlich) besser verstehen zu können.

Den Ausgangspunkt macht z.B. Alberti, der um 1460 mit der schriftlichen Normierung einen ersten „Pflock einschlägt“, der vordem nie in solcher Art bestanden hat, wenngleich es auch Versuche ähnlicher Art in Ansätzen schon früher gab. Seine Gliederung in wichtige Punkte sowie sein Versuch einer generalisierenden Systematik steht in krassem Gegensatz zu mittelalterlicher Denkweise, wie sie allem voran Krautheimers Analysen bzw. dem Versuch einer mehr oder weniger allgemein gedachten „Ikonographie der Architektur“ darstellt.

Zwischen diesen Polen entwickelt sich das, was wir Architekturgeschichte nennen – und zwar im Sinn einer Differenzierung und nicht, wie Architekturgeschichten vermuten ließen, im Sinn einer „Entwicklung“ oder logischen Genese.

Da in einem Seminar ohnehin nur Auszüge einzelner Fragenkomplexe bearbeitet werden können, werden nach diesen einführenden Gegenüberstellungen einzelne Forschungsleistungen und Ansätze diskutiert.

Ablauf: Die einzelnen Blocks werden Stunden-übergreifend durchgeführt, wobei die Studierenden angehalten sind, kurze Resümees und Thesen der betreffenden Literatur vorzutragen (Kurzreferate je ca. 10 - max. 15 Min.). Eine passive Teilnahme ist nicht erwünscht, weil diejenigen, die sich aktiv am Geschehen beteiligen, besser diskutieren können. Scheinvergabe für Kurzreferat, mündliche Beiträge und Hausarbeit (max. 10 Seiten).

Einführende Literatur:


Gottfried Kerscher/Wolfgang Schmid: Der Trierer Dom im Mittelalter. Eine Kathedrale zwischen Kirche und Welt
Seminar, Do 12-14, A 142 (Beginn: 26.10.2006)

Das Seminar wird die Geschichte und die Kunstgeschichte des Trier Doms behandeln. Der historische Teil, die kunstgeschichtlichen Möglichkeiten sowie Vorstellungen und nicht zuletzt die immer wieder vorgenommenen Veränderungen sind äußerst wichtig für die Entwicklung, aber auch für die heutige Gestalt des Domes. Diese drei Blocks werden ausführlich behandelt.

(Kerscher) Der Trierer Dom entstand aus einem vormittelalterlichen Bau, wurde im Mittelalter vielfach umgestaltet, erhielt mehrfach eine andere Form und wurde reich ausgestaltet. Dafür waren nicht nur die „Gepflogenheiten“ und „Moden“ sowie ein zeitgebundenes Verständnis verantwortlich, was oft als „Stil“ (miss)verstanden wird. Dafür waren häufig auch rechtliche, liturgische und nicht zuletzt zeitlich gebundene Vorstellungen verantwortlich, die es zu deduzieren gilt. Die historische und die kunsthistorische Vorgehensweise können sich hier zu einem besseren Verständnis ergänzen.
Vorgehensweise: Die meisten Themen (Angabe „K/G“) können sowohl von historischer wie auch von kunsthistorischer Seite behandelt werden, nicht weiter bezeichnete Themen sowohl von historischer wie auch von kunsthistorischer Seite.

(Schmid) Der Dom war die größte und bedeutendste Trierer Kirche im Mittelalter. Das Seminar soll der Frage nachgehen, was eine Kathedralkirche auszeichnet, welche religiösen und liturgischen, aber auch politischenund rechtlichen Funktionen sie in einer Kathedralstadt zu erfüllen hatte und wie sie in ihrer Umwelt verwurzelt war. Der erste Teil der Veranstaltung fragt nach der Geschichte des Baues und seiner Ausstattung. Wozu dienten der Kreuzgang und der Domfreihof? Warum wurde neben dem Dom die Liebfrauenkirche errichtet? Warum gab es zwei Chöre und zwei Krypten, Galerien und Türme? Welche Aufgaben hatten der Domschatz, die Grabdenkmäler und Altäre? Der zweite Teil fragt nachder Einbindung der Kathedrale in Stadt und Bistum Trier. Welche Bedeutung besaß der Dom für die Erzbischöfe, welche Rolle spielte das Domkapitel, welches Personal war im Dom und in der Domimmunität tätig? Welche Beziehungen besaß der Dom zum Adel, zum Klerus und zu den Bürgern sowie zu geistlichen Institutionen in Stadt und Bistum? Welche Rolle besaß er als Ziel von Prozessionen und Wallfahrten? Die gemeinsame Lektüre einschlägiger Quellentexte und eine Reihe von Ortsterminen im Dom sollen Brückenschläge von der Stadt- und Kirchen- zur Liturgie- und Kunstgeschichte ermöglichen.

Beide Seminarleiter bitten darum, dass die Teilnehmerinnen des Seminars aktiv mitarbeiten. Regelmäßige Teilnahme ist Voraussetzung.
Ein Großteil des Seminars wird vor Ort stattfinden.
Hinweis: Bitte sorgen Sie rechtzeitig für qualitativ hochwertige Vergleichsabbildungen; ergoogelte Inhalte und Abbildungen werden nicht akzeptiert! Die Diathek des Kunstgeschichtlichen Instiuts hilft Ihnen bei der Erstellung von Dias und/oder digitalen Abbildungen.

Geplanter Ablauf:

  1. Einleitung, Themenvergabe (A 142)
  2. Vor Ort: Quellen, Beschreibungen („K/G“)
  3. Vor- und Frühgeschichte („K/G“)
  4. Domschatz („K/G“)
  5. Domkapitel
  6. Altäre, Grabmäler („K/G“)
  7. Domkreuzgang („K/G“)
  8. Lettner, Chorbereich, Westchor („K/G“)
  9. Reliquien, Pilger
  10. Liturgie
  11. Typengeschichte
  12. (offen)
Literatur (Schmid)
Literatur (Kerscher)

Zeremoniell und Raum
Hauptseminar, Mo 16-18, A 246 (Beginn 23.10.2006)

Bereits im späten Mittelalter „reagiert“ „die Baukunst“ auf zeremonielle Anforderungen, Ordines und – allgemein – Hofordnungen, Gesetze, Policey usw. Hierin ist eine Parallele zur Liturgie zu sehen, deren stete Veränderungen gelegentliche Neudispositionen mit sich brachten. Aber Vor¬sicht: Ein Zwang, Architektur anzupassen, umzustrukturieren oder neu zu disponieren, weil es liturgische Innovationen oder Änderungen sozialer Vereinbarungen gegeben hätte, bestand nicht.

Die Grundüberlegung, disponible Räume hinsichtlich ihrer Funktionen zu gestalten, liegt nicht nur auf der Hand, sondern setzte sich – je nach Möglichkeiten des Bauherrn – immer stärker durch. Alles andere war unbequem, unpraktisch und zog eine Menge von Kompromissen bzw. ungünstige Bedingungen nach sich. Hatte ein Potentat die Möglichkeit, so ließ er Gebäude so bauen, dass sie die Funktionen reflektierten (Beispiele wären etwa die Residenz, die Fortifikation, der Donjon oder das (Wohn ) „Haus“ u.v.m.) und den täglichen Bedürfnissen Rechnung trugen (Beispiel: Speise¬säle für große öffentliche Auftritte mussten größer und reicher ausgestaltet sein als kleinere Essräume, in denen eine begrenzte Anzahl von Teilnehmern tafelte, oder gar ein Studiolo/studium).

Alles sollte in Ludwigs XIV. Schlafzimmer in Versailles gipfeln, und Norbert Elias hat seine „Höfische Gesellschaft“ den entsprechenden Bedingungen sowie soziologischen Qualitäten gewidmet. – Grund genug, auch diese, bereits im Mittelalter auftretenden Nähebeziehungen und Interdepen¬denzen zu reflektieren, dies vor allem anhand der Leges Palatinae, die mit großer Wahrschein¬lichkeit eine Wurzel des burgundischen und somit des europäischen Zere¬moniells darstellten.

Baugeschichtliche Daten sind daher stets mit der konkreten Nutzung von Räumen, Raumteilen oder architektonischen Strukturen in Abgleich zu bringen. Hierzu einige Thesen, die den voraussichtlichen Verlauf des Seminars erläutern sollen: In der Kathedrale von Canterbury hat man, um den zunehmenden Pilgerstrom und das monastische Leben in Einklang (Abgleich) zu bringen, entsprechende bauliche Veränderungen vorgenommen. Bernhard Schimmelpfennig stellt die These auf, dass der avignonesische Papstpalast nicht nur virtuelles Rom war, sondern sehr klar zeremonielle und architektonische Entitäten aus Rom auf den Papstpalast sowie die Stadt über¬tragen wurden. Kerscher betont dagegen die weniger traditionelle Rolle des neuen Papstpalastes, der eben nicht dem „alten“, dem Lateran folge, sondern seine innovative, an anderen Potenta¬ten und Architekturen orientierte Disposition, die neuen zeremoniellen und repräsentativen Zwecken folge. Schießlich ist anhand einer Zeremonialhandschrift, der Leges Palatinae, zu erörtern, wie solche Zeremonielle aussahen, wie sie definiert wurden, was sie zum Inhalt hatten und welche höfischen Interaktionen sie implizierten. Darüber hinaus sind die Miniaturen dieser Brüsseler Prachthandschrift einzuordnen. Ein Blick in die (damalige) Zukunft mit Norbert Elias soll Klarheit verschaffen, welche Verhaltensmechanismen für spätere Zeiten obligatorisch wurden, weil sie sich schon einige Jahrhunderte vor Ludwig XIV. dazu eigneten, das höfische Leben zu regulieren.

Ablauf:

23.10.2006 Einführung, Vorbesprechung, Themenvergabe
30.10.2006 Canterbury I: Geschichte/Baugeschichte
06.11.2006 Canterbury II: Veränderungen aufgrund des Pilgerstroms
13.11.2006 Lateran: Geschichte/Baugeschichte
20.11.2006 Vatikan: Geschichte/Baugeschichte
27.11.2006 Lateran/Vatikan: Zeremoniell I: Überblick über die Zeremonienbücher der Kurie und die Entwicklung des Zeremoniells
04.12.2006 Lateran/Vatikan: Zeremoniell II: Der Stationsgottesdienst sowie Liturgie und Zeremoniell in den Räumen der Paläste
11.12.2006 Avignon I: Geschichte/Baugeschichte
18.12.2006 Avignon II: Der „Stationsgottesdienst“ in Avignon und der hypothetische Einfluss des Zeremoniells auf die Raumdisposition
08.01.2007 Die Leges Palatinae – ein frühes Hofzeremoniell: Einführung (Geschichte der Handschrift, Übersetzungen, Ausgaben usw.)
15.01.2007 Leges Palatinae: Aufbau, Inhalt, Schwerpunkte
22.01.2007 Leges Palatinae: „System“ der Ordnungen am Hof
29.01.2007 Die Miniaturen der Leges Palatinae
05.02.2007 Norbert Elias, Die höfische Gesellschaft
12.02.2007 Ausblick: mittelalterliche und nachmittelalterliche Ordines und Zeremonielle (Überblick)

Voraussetzungen

Sie befinden sich im Hauptstudium, arbeiten selbständig und verfügen über mindestens rudimentäre passive Sprachkenntnisse, vorzugsweise Latein, Spanisch oder Französisch bzw. sind in der Lage, fehlende Kenntnisse zu kompensieren.

Keine passive Teilnahme! Aktive Teilnahme: Kurzreferat zu einem der og. Themen; Scheinerwerb durch max. 10-seitige Hausarbeit.

Literatur
Entwicklung, Struktur und Soziologie des Höfischen sowie Geschichte des Zeremoniells:

Fallstudien: Canterbury:
  • Druffner, F., Der Chor der Kathedrale von Canterbury, Egelsbach 1994
  • Hearn, M. F., Canterbury Cathedral and the Cult of Becket, in: Art Bulletin 1994 (march), vol. LXXVI, no. 1, pp. 19-52.
  • Willis, R., The Architectural History of Canterbury Cathedral, London 1845, Neudr. 1972.
  • Weitere Literatur bei Druffner. Lateran und Vatikan: